Neuerscheinung zu Gerhard Mercator
Der neu erschienene Band nähert sich dem Gelehrten und seinem Werk im Kontext mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Diskurse. Ein Aufsatz von Martina Stercken beleuchtet Mercators Weltkarte von 1569 aus einer in der Kartengeschichte bisher noch wenig bekannten Perspektive. Nachdem sich Jerry Brotton vor ein paar Jahren schon Gedanken machte über die möglicherweise theologische Bedeutung der Loxodrome auf Mercators Weltkarte, analysiert die Zürcher Professorin diesen kartographischen Meilenstein nun generell semiotisch. Die Untersuchung der Bildersprache und des Aufbaus der grafischen Komposition verweist einzelne Spuren in der Weltkarte ad usum navigantium (einmal ungeachtet des hinlänglich beschriebenen technischen Wurfs, den die Karte ohne Zweifel darstellt) noch in die Tradition enzyklopädischer Weltkarten, die seit dem 13. Jahrhundert auch Schauplätze der Geschichte und der Mythologie verorten. Die Weltkarte von 1569 steht somit als semiotisches Beispiel für den gleitenden Übergang zwischen den kosmographsichen Weltbildern des Mittelalters und einer mathematischen Kartographie der Neuzeit, die sich von der Geschichtsschreibung emanzipiert hat.
Ute Schneider und Stefan Brakensiek (Hg.): Gerhard Mercator: Wissenschaft und Wissenstransfer. Darmstadt: WBG, 2015. 375 Seiten : Illustrationen, 978-3-534-26451-3